»Och, nein, wirklich?«, fragt Joana Garcia ungläubig, gleichzeitig gerührt, in jedem Fall laut. Tränen steigen ihr in die Augen, als ich vom Heiratsantrag meines Mannes erzähle. Ergriffen von ihrer emotionalen Reaktion und der Freude, die sie ausstrahlt, laufen auch mir die Tränen. Im Porto Antico sitzen wir uns gegenüber, hübsch zurechtgemacht, mit Blick aufs Meer, vor uns Rinderfilet und Entenbrust. Ein letztes gemeinsames Abendessen, bevor ich Zypern nach einer Woche wieder verlasse. Als wir gesättigt zu Hause ankommen, schlüpft Joana sofort in Jogginghose und Strickpullover. Ich kleide mich ebenso bequem und wir nehmen im Wohnzimmer Platz. Mein Herz pocht. Nun macht sie sich doch noch bemerkbar: die Aufregung. Wird sich die Frau, die es schafft, positive Energie nur mit einem Lächeln zu schenken, mir gegenüber öffnen? Immerhin liegen drei intensive Tage ihres Retreats WOMEN WHO NEED A BREAK hinter uns. Die grüne Kuscheldecke über die Beine gelegt, schleicht sich eher der Eindruck ein, sie wolle sich vor unangenehmen Fragen schützen. Joana ist selbstständige Businessmentorin, Kommunikations- und Sales-Trainerin sowie Retreatveranstalterin. Mit über achtzehn Jahren Erfahrung im Sales und Marketing hilft sie Coaches, Selbstständigen und Firmen dabei, ihre Strahlkraft zu entfalten und charismatisch zum Kundenmagneten zu werden. Sie bezeichnet sich selbst als Sparringspartner für Klarheit, Fokus und Umsatz. Doch wie sehr lebt sie selbst Klarheit und Fokus? Bereits während des Retreats wurde mir bewusst, dass die 36-Jährige ein bewegtes Leben führt.
»Zuletzt habe ich nur noch Kunden abgeschlossen, damit ich meine Rechnung bezahlen kann.«
Es gibt unzählige selbst ernannte Coaches, die Erfolg predigen, ohne ihn vielleicht wirklich erlebt zu haben. Sie verkaufen uns die Illusion eines leichten Business-Aufbaus, wenn wir nur bereit sind, ›genug zu investieren‹. Du warst mit eigenen Angeboten lange Teil dieser Welt und stehst jetzt an einem anderen Punkt. Du arbeitest als Head of Sales und leitest ein komplettes Sales-Team für ein großes Coaching-Brand. War dein Wechsel in die zweite Reihe ein Zeichen der Erkenntnis oder des Scheiterns?

Für mich war es kein Scheitern, sondern eher eine Selbsterlaubnis. Bis dahin habe ich mich jahrelang durchgekämpft, es von Monat zu Monat immer wieder geschafft. Tatsächlich war es ein harter Überlebenskampf, der so sehr an meinen Kräften gezerrt hat. Am Ende habe ich erkannt, dass ich völlig erschöpft war und musste mir eingestehen, dass ich gerade selbst nicht erfolgreich sein kann. Weil ich so ausgelaugt war, konnte ich nichts mehr geben und musste erkennen, dass ich erst wieder eigene Ressourcen auffüllen, für meinen eigenen Frieden und Sicherheit sorgen muss, damit ich wieder geben kann. Ich habe lange damit gehadert, weil ich dachte, ich scheitere. Was denken die anderen Leute wohl von mir? Aber irgendwann war ich an dem Punkt, an dem ich gesagt habe: Es muss mir jetzt egal sein, weil ich jetzt für mich einstehen will.
Mit welchem Gefühl verbindest du diesen Kampf?
Oh, ganz viel Trauer. Wut kommt hoch. Viel Unverständnis. Interessanterweise anderen, aber natürlich auch mir selbst, gegenüber. Mein Thema war lange Zeit: Warum kauft ihr denn jetzt nicht bei mir? Erzählt mir immer, wie toll ich bin und dass ihr alle meine Energie liebt. Aber wenn es dann darum geht, mein Coaching oder Retreat zu buchen, dann tut ihr es nicht. Warum nicht, wenn ihr doch zuvor davon schwärmt?
Das war schwierig für mich. Auch wenn ich dankbar bin für jeden einzelnen Kunden. Wenn ich ehrlich zu mir selber bin, habe ich zuletzt nur noch Kunden abgeschlossen, damit ich meine Rechnung bezahlen kann. Das war dann auch der Punkt, an dem ich gesagt habe: So geht es nicht mehr weiter! Es war nicht mehr in allererster Linie so, dass ich dem Kunden helfen wollte, sondern eher der Gedanke, wo ich den nächsten Kunden herbekomme. Das war krass und ist halt scheiße. Für alle Seiten. Das heißt nicht, dass ich meinen Kunden nicht geholfen habe. Das habe ich definitiv, aber es ist eine ganz andere Grundlage, wenn du jemanden aus der Fülle heraus coachst und etwas weitergibst oder ob du es aus dem Mangel machst.
Merkst du, dass sich die Energie, die du auf deine Kunden verwendest, verändert hat? Oder bezieht sich das eher auf das Wissen, das du vermittelst?
Das betrifft jetzt nicht unbedingt das Wissen. Aber ich glaube, wenn du im Mangel bist, ist es die große Herausforderung, dass du dein Energiereservoir nicht aufgefüllt hast, um es dann deinem Kunden zu geben. Meistens ist es nicht dein einziger, sondern es melden sich mehrere Kunden an einem Tag, die irgendwas von dir haben wollen. Andere Coaches haben fünf, sechs Termine am Tag. Hatte ich zum Glück nie, weil das nie meinem Persönlichkeitstyp entsprach, diesen Umfang zu leisten. Auch das musste ich mir erst eingestehen. Am Ende waren es so zwei, drei, weil ich dann schon gar nicht mehr konnte. Ich war ausgelaugt und fertig. Ich konnte nicht mehr. Wollte einfach nur eine Pause haben. Aber sie gönnen konnte ich mir nie, denn ich war selber dafür verantwortlich, meinen Lebensunterhalt zu verdienen.
»Ich weiß noch genau, wie neidisch ich auf eine Schulfreundin war, weil sie in einem Mehrgenerationenhaus lebte.«

Lass uns nochmal ein Stück zurückgehen. Du warst mit achtzehn schwanger, während andere vermutlich Partys gefeiert und sich so auf ihr unbeschwertes Leben vorbereitet haben, vielleicht auch in die Welt hinausgezogen sind. Wenn du mal die Tür zum Gefühl des Neids öffnest, hängen dort Bilder von ausgelassenen Partys, auf denen Joana nicht zu sehen ist?
Spannend, tatsächlich, nicht so sehr. Ich glaube, der Neid war eher dahingehend, dass sie jetzt einfach hinreisen konnten, wo sie wollen. Die konnten einfach was trinken gehen, wenn sie wollen. Niemand muss sich um einen Babysitter bemühen oder ist verantwortlich, ein Kind zu ernähren. Diese Unabhängigkeit spiegelte sich für mich nicht in den Partys wider. Sicher liegt das aber auch daran, dass ich mit vierzehn Jahren angefangen habe, auf Partys zu gehen.
Das ist sehr früh.
Ja, zum Leidwesen meiner Mutter. Sehr regelmäßig dann aber erst mit sechzehn, siebzehn Jahren. Ich war Tänzerin. Habe auf den Boxen getanzt und hatte auch Deutschland-Tourneen als Tänzerin. Es hat mir richtig Spaß gemacht. Heißt, ich war mit Partys relativ gut gesättigt. Spannend ist, dass ich mich immer gefragt habe: Was hätte ich denn gerne gemacht, wenn ich meinen Sohn nicht bekommen hätte?
Und?
Was ich schon immer gut konnte, war kommunizieren und verkaufen. Menschen begeistern. Ich habe gern auf Messen gearbeitet. Mit Menschen im Gespräch zu sein. Der Austausch. Es gab immer die Möglichkeit, weltweit auf Messen zu gehen, wenn man mehrere Sprachen spricht. Das hätte ich so gerne gemacht. Also Work & Travel auf eine andere Art und Weise. Die Welt entdecken und gleichzeitig auf Messen als Hostess oder Promoterin arbeiten. Ich finde es schade, dass ich das verloren habe.
Bist du ein Mensch, der negativen Neid gegenüber anderen entwickelt, wenn sie etwas haben, was du gern hättest?
Es ist eher Neid in Verbindung mit Kummer. Weil andere etwas haben können, auf das ich keinen Zugriff habe. Ich glaube tatsächlich, bei mir hat es auch etwas mit den Urahnen, also meiner Herkunft, zu tun. Wenn ich darüber spreche, kommt das Gefühl sofort hoch. Mir wird gerade gleichzeitig heiß und kalt. Es ist das Gefühl, kein Anrecht auf etwas zu haben, worauf andere ein Anrecht haben. Ausgeschlossen zu werden. Aufgrund meiner dunkleren Hautfarbe. Ich bin im Osten aufgewachsen. Das war schlimm für mich als Kind. Ich wurde immer ausgeschlossen. Der Neid im Zusammenhang mit Zugehörigkeit war, glaube ich, der, der noch am ehesten hochkam. In Kindheit und Jugendjahren. Endlich, ein Teil von etwas zu sein. Ich weiß noch genau, wie neidisch ich auf eine Schulfreundin war, weil sie in einem Mehrgenerationenhaus lebte. Jeden Tag, wenn sie nach Hause gegangen ist, war ihre Oma da und hatte das Mittagessen gemacht. Ich habe mich für sie gefreut, aber sowas hat mir gefehlt. Ich hatte nie eine Oma, die da war. Meine Oma hat sich in dem Jahr umgebracht, in dem ich geboren wurde. Ich habe sie nie kennengelernt. Die andere Oma war in Kuba. Ich hatte zwar eine Uroma, aber die war in Thüringen. Auch weit weg.

Wie neidisch ist die erwachsene Joana?
Ich gönne den Menschen gern. Aber auch da ertappe ich mich im Zusammenhang mit Neid, dass ich denke, ja, ist schon geil, was die jetzt für ein Auto fahren oder wo sie in den Urlaub hinfliegen, als Familie, vielleicht sogar Business-Class. Wenn Neid hochkommt, eher materialistisch. Obwohl ich das eigentlich gar nicht will. Und es ist nie krass negativ, im bösartigen Sinne von nicht gönnen können. Als hätten sie es nicht verdient, ich aber schon. Sondern eher bewundernd, so dass ich auch haben will, was sie erreicht haben.
Also nutzt du diesen Antrieb positiv für dich.
Absolut. Das finde ich total wichtig. Gerade, weil ich nicht so aufgewachsen bin. Thema Neid war halt wirklich eher das Gegenteil. Und für mich immer im Kontext des Zugehörigkeitsthemas.
»Das war seelischer Missbrauch.«
Warst du die einzige Dunkelhäutige in der Klasse?

Ja. Das kommt immer noch hoch. Es berührt mich so sehr, dass mir die Tränen kommen. Das Schlimmste war für mich, dass es bei meinem Sohn genauso war. In der Grundschule war er das einzige dunkle Kind. Das war schlimm, weil er mit Sätzen, wie: »Du siehst aus wie Scheiße!«, zutiefst beleidigt wurde. Ich kannte diesen Schmerz und wusste, wie schlimm das ist. Mein Kind kam mit Tränen nach Hause und ich wusste genau, wie sich das anfühlte. In diesen Momenten spürte ich so ein Unverständnis. Am liebsten hätte ich die Kinder genommen und einmal in die Kloschüssel gesteckt. Das klingt vielleicht konfus, aber das war der einzige Grund, warum ich froh war, dass meine Tochter hellhäutig ist. Denn ich dachte, sie ist diesem Scheiß nicht ausgesetzt. Gott sei Dank muss sie es nicht erleben, sie ist blond und blauäugig, sie passt da rein in dieses deutsche Bild, was gefordert wird.
Wie hast du deinen Sohn gehalten?
Ich habe versucht, ihm seine Besonderheiten zu zeigen und gesagt, dass ganz viele neidisch sind, weil sie halt aussehen, wie alle anderen und damit nicht groß auffallen. Die müssen sich irgendwas anderes einfallen lassen. Mein Sohn wirkt halt einfach schon, indem er einfach nur ist. Wir haben auch nach pragmatischen Lösungen gesucht. Mit dem Klassenlehrer und den Eltern gesprochen. Leider waren wir an einem Ort, wo Rechtsradikalismus sehr hoch war. Sicher nicht der optimale Wohnort, aber gefühlt war es für mich so, dass man nach entsprechenden Wahlergebnissen in einen Bezirk umgezogen ist, wo alles in Ordnung schien. Vier Jahre später schwappte es dort aber auch über. Ich hatte das Gefühl, ständig zu flüchten.
Dresden ist deine Heimat. Bist du dort geboren?
Ja, bin ich und Rassismus habe ich dauernd erlebt. Sogar innerhalb der engen Familie. Das war besonders schlimm. Als ich ungefähr zwölf Jahre alt war, hatte meine Mutter einen Partner. Der Vater meiner Schwester nannte mich Bimbo.
Nein!
Ja, er hat mich richtig drangsaliert und zu Hause rausgeekelt. Er hat Bewegungsmelder aufgestellt und ich durfte mein Zimmer nur zu vorgegebenen Zeiten verlassen. Weil ich Ärger bekam, wenn ich zur falschen Zeit aus meinem Zimmer kam und das Licht des Bewegungsmelders auslöste, traute ich mich irgendwann nicht einmal mehr auf die Toilette. Die befand sich am anderen Ende des Flures. Das war seelischer Missbrauch. Früher habe ich das nie erzählen können, ohne in Tränen auszubrechen. Rassismus war so alltäglich. Mein Bruder und ich wurden oft mit Affen verglichen. Dennoch bin ich dankbar, dass meine Mutter uns aufgezogen hat. Sie war die Deutsche, mein Vater der Kubaner. Ich habe meinen Vater nur gelegentlich gesehen, bin selbst mit der kubanischen Kultur nicht aufgewachsen. Mein Bruder schon. Er hat die ersten fünf Jahre in Kuba verbracht. Ich bin halt deutsch aufgewachsen. Mir hat der kubanische Anteil echt gefehlt. Es war so schön, als meine Oma einmal gemeinsam mit meiner Tante nach Deutschland einreisen durfte.
»Ich wollte nach Kuba fliegen, um die Asche meines Vaters zu verstreuen.«

Warst du jemals da?
Ja. Ich habe zum ersten Mal verstanden, warum ich so bin, wie ich bin. All diese Menschen haben gelächelt. Sie waren in dieser Energie. Ich habe mich gefragt: Wow, was ist denn jetzt los? Warum lebe ich denn bitte in einem Land, wo die Menschen so griesgrämig sind? Mein Zugehörigkeitsdefizit wurde dort so gefüttert. Und ich glaube, für mich wird das irgendwann noch mal ein großer Schlüssel sein, denn ich wollte immer mal wieder nach Kuba zurück. Gerade, wenn ich Sinnkrisen hatte. Ich konnte es mir aber nicht leisten.
Obwohl du das Gefühl hattest, es würde dir helfen, warst du nie wieder in Kuba?
Mein Bruder und ich haben meinem Vater zum 60. Geburtstag Flugtickets geschenkt. Unser Vater hatte immer große Angst, dass er seine Mutter nicht mehr sieht. Deswegen hatten wir ihm das geschenkt und wollten mit ihm reisen. Wir sind schon mal als Familie alle zusammen gereist. Aber das war ewig her. Als wir nun erneut fliegen wollten, kam Corona. Dann ist tatsächlich mein Vater erst gestorben und danach meine Oma. So kam es nie zu dieser Reise. Es war verrückt, denn ich wollte nach Kuba fliegen, um die Asche meines Vaters zu verstreuen. Das ist bis heute nicht passiert, obwohl es jetzt vier Jahre her ist. Der steht auf dem Sims bei meinem Bruder. Neben der Asche des Hundes meines Bruders.
Soll der auch nach Kuba?
Nee, aber der steht da einfach. Das ist so … es sind unfassbar viele Emotionen damit verbunden. Von einem energetischen Medium habe ich mir diesbezüglich mal die Karten legen lassen. Ich fand es spannend, denn ich hatte das Gefühl, unbedingt nach Kuba zu wollen. Es kam raus, ich muss es nicht. Für meinen absoluten Heilungsweg ist es nicht notwendig.
»Eigentlich wollte ich ja nichts anderes hören als: Ich liebe dich, mein Kind. Du bleibst bei mir!«
Wie lange warst du der Situation mit deinem Stiefvater ausgesetzt? Und hat deine Mutter dich da gestützt?
Es war schwer für sie. Ich war der Situation anderthalb bis zwei Jahre ausgesetzt. Irgendwann habe ich gesagt: »Ich gehe jetzt! Ich halte das nicht mehr aus.« Es war der Zeitpunkt, als meine Mama mit 42 Jahren mit meiner Schwester schwanger war und ich zu meinem Vater ziehen wollte. Krass für mich war in diesem Moment, dass sie mich einfach hat gehen lassen. Sie hat gesagt: »Okay, wenn du denkst, dass das richtig ist, dann mach das!« Das war so schlimm für mich, weil ich in diesem Moment gedacht habe, sie liebt mich nicht und stößt mich ab. Der Mann ist wichtiger als ich. Und das neue Kind ebenfalls. Dieser Schmerz saß jahrelang so tief.

Wieder Ausgrenzung!
Mehr noch: Tiefe Ablehnung! Obwohl ich es vorgeschlagen habe. Eigentlich wollte ich ja nichts anderes hören als: »Ich liebe dich, mein Kind. Du bleibst bei mir!« Das wirklich Spannende ist, um meine Geschichte mal in die Gegenwart zu holen, dass ich die Situation ja jetzt selber erlebe. Mit meiner Tochter, meinem eigenen Kind. Denn in meiner neuen Beziehung ist es so, dass mein Partner gesagt hat, er möchte nicht, dass meine Tochter gemeinsam mit uns lebt. Es steht die Frage im Raum, ob ich mir vorstellen kann, dass das Kind komplett bei ihrem Vater lebt. Meine Freundin sagte dann irgendwann zu mir, ob es sein kann, dass ich das erlebe, damit ich meiner Mama endlich verzeihe. Oder sie wenigstens besser verstehe. Ein Moment, in dem für mich der Groschen fiel. Ich ziehe es tatsächlich in Erwägung, ohne meine Tochter zu leben. Was sicher auch daran liegt, dass meine Tochter eine sehr enge Bindung zu ihrem Vater hat. Meine Mutter kann ich jetzt besser verstehen. Im Moment bin ich an dem Punkt, mich gern für meinen neuen Partner und weitere Kinder zu entscheiden. Was aber nicht bedeutet, dass ich die anderen beiden Kinder abgeben will. Das will ich eigentlich gar nicht. Aber der Wunsch nach dieser neuen Familie ist da und ich verstehe, dass auch meine Mutter damals wahrscheinlich einfach nur glücklich sein wollte.
»Als meine Tochter geboren wurde, habe ich gesagt: Der Weihnachtsmann hat mich missverstanden.«
Deine Tochter ist blond und blauäugig. Ihr ist nicht widerfahren, was deinem Sohn leider passiert ist. Gibt es andere Herausforderungen für sie?
Auch das ist spannend, weil ich ja immer dachte, sie ist dank ihres Aussehens erlöst. Für sie ganz im Gegenteil. Ihr tut es weh, dass sie nicht aussieht wie ihr Bruder und ihre Mama. Absolutes Unverständnis.
Hat sie sich ausgegrenzt gefühlt?
Ja, weil sie weiß war. Ich dachte mir, das kann doch wohl nicht wahr sein. Ich wollte immer blond und blauäugig sein. Sogar einen Wunschzettel habe ich dem Weihnachtsmann gemalt. Das muss erste oder zweite Klasse gewesen sein. In wenigen Worten habe ich beschrieben, wie er mich verändern sollte und ein Bild gemalt. Ich mit schweinerosa Haut und langen blonden Haaren. Als meine Tochter geboren wurde, habe ich gesagt: »Der Weihnachtsmann hat mich missverstanden.« Das Bild werde ich nie vergessen.
Wie bist du deiner Tochter in dieser Sache begegnet?
Das Einzige, was ihr geholfen hat, war die Ähnlichkeit mit ihrer Omi, also meiner Mutter. Sie ist blond, hat braune Augen. Außerdem sieht sie auch ihrer Tante, also meiner jüngeren Schwester, sehr ähnlich. Die ist blond und blauäugig. Mit ihnen fühlt sich meine Tochter extrem verbunden. Mein Bruder hat sich immer über mich lustig gemacht, weil ich ein helles Kind bekommen habe.
Das Lustige an der Sache war, dass sein Erstgeborenes auch dunkel war. Sein zweites Kind ist auch hell geworden.
»Wenn es die Hautfarbe nicht ist, ist es irgendwas anderes.«
War das die einzige Schwierigkeit für deine Tochter?
Nein. Wir haben als Eltern Fehler gemacht. Wir dachten, für Leni ist es das Beste, sie im Hinblick auf die Auswanderung nach Zypern vor vollendete Tatsachen zu stellen. Wir haben es ihr erst drei Monate vor unserer Abreise gesagt.
Wie alt war sie?
Sie war gerade in der ersten Klasse. Ich muss dazu sagen, dass genau zu dieser Zeit Corona kam. Das war furchtbar. Wir sind unmittelbar vor der Einschulung in einen anderen Bezirk gezogen. Das war für sie eine große Herausforderung, da sie in der Schule kein Schwein aus ihrem alten Kindergarten kannte. Und wieder begegnete uns das Thema: Ablehnung.
Es brauchte die dunkle Hautfarbe nicht …
Genau, wenn es die Hautfarbe nicht ist, ist es irgendwas anderes. Das war für mich so krass. Sie wurde abgelehnt, weil sie niemanden kannte. Sie war die Neue. Die anderen hatten sich gefunden. Es gab tatsächlich einen dunkelhäutigen Jungen in der Klasse, der integriert war. Das war echt verrückt. Es war für sie eine große Herausforderung, mit der Ablehnung umzugehen. Dazu kam die Umstellung fernab ihres sicheren Umfelds. Was wir erst spät verstanden haben, ist, dass Leni jemand ist, der Stetigkeit braucht. Ich liebe es, zu reisen. Meine Tochter möchte das gar nicht. Sie will einfach hier zu Hause sein. Mit ihren Freunden zu sein. Es war sehr hart für sie. Sie hat so krass rebelliert.

Welches Gefühl verbindest du damit?
Ich fühle mich schuldig, weil ich ihr keine Stimme gegeben habe. Das hätte sie verdient. Einfach, gehört zu werden. Wir würden das heute auch nicht mehr so machen. Doch damals dachten wir: Sie ist ein Kind. Sie muss damit zurechtkommen, dass wir diese Entscheidung treffen. Man kennt es aus der Gesellschaft. Sie muss das machen, was die Eltern wollen. Wenn sie erwachsen ist, kann sie eine eigene Entscheidung treffen.
Solange du deine Füße unter meinen Tisch stellst …
Genau.
Welche Herausforderung kam noch auf dich zu?
Für mich war ein ganz großes Thema: Liebe schenken. Die Frage: Wie viel Liebe kann ich geben? Ich konnte meine Liebe in vielen Momenten nicht zeigen. Gerade in Beziehungen galt, je mehr ich jemanden verletzt habe, desto mehr habe ich ihn eigentlich geliebt.
Spannend.
Ich konnte tiefe Liebe und Nähe in Beziehungen einfach nicht zulassen. Deswegen ist es für mich so krass, wo ich jetzt mittlerweile stehe. Mein Ex-Mann, der mich damals erlebt hat und weiß, wo ich herkomme, sagt, ich bin ein anderer Mensch. Ich kann mittlerweile viel mehr zulassen. Damals konnte ich es aber halt einfach nicht. Und es war tatsächlich auch bei meinem Sohn so. Ich konnte ihm nicht die Liebe geben, die er verdient. Ihm gegenüber fühle ich mich schuldig. Es war immer wie ein Kloß im Hals. Wie wenn man etwas sagen will, aber es kommt nichts raus. So habe ich mich mit der Liebe gefühlt. Auch meiner Tochter Leni gegenüber. Ich habe immer gewusst oder eher gespürt, nicht die klassische Mutter zu sein. Das ist hart in der Gesellschaft.
»Dieser Verurteilung ausgesetzt zu sein und mir gesundheitlich Schlechtes zu wünschen, war sehr schlimm für mich.«
Ist dieses Thema für dich mit Scham behaftet?
Absolut. Ich bin vor allem immer im Verteidigungsmodus. Traue mich eigentlich gar nicht, ehrlich darüber zu sprechen.
Warum?
Aus Erfahrung. Was mich tief verletzt hat, dass selbst mein engster Kreis, meine besten Freundinnen, meine Mutter, meine Tante, egal wer, alle haben ernsthaft gefragt: Du willst noch mehr Kinder? Bist du verrückt? Du bist kein Muttertyp! Sei einfach froh, dass du zwei gesunde Kinder hast und lass es. Ich werde nie vergessen, dass eine meiner engsten Freundinnen vor ungefähr anderthalb oder zwei Jahren zu mir sagte: »Joana, ich wünsche mir für dich, dass deine Spirale einwächst und du nie wieder Kinder bekommen kannst.« Jetzt kommen mir die Tränen. Sie versetzte mir damit einen tiefen Schmerz, und ich glaube, es ist noch immer nicht ganz geheilt. Dieser Verurteilung ausgesetzt zu sein und mir gesundheitlich Schlechtes zu wünschen, war sehr schlimm für mich. Außerdem gab sie mir mit diesem Wunsch das Gefühl, eine schlechte Mutter zu sein. Sie meinte es aber eigentlich nett …
Du nimmst sie in Schutz?
Wahrscheinlich wollte sie mir einfach sagen, ich solle meine Freiheit genießen, weil ich es liebe zu reisen. Da ich mir von ihr eher Verständnis gewünscht hätte, saß der Schmerz dennoch sehr tief. Zu sagen: »Hey Joanna, ich würde es an meiner Stelle nicht so machen, werde dich aber dennoch unterstützen. Ist ja deine Entscheidung«, wäre okay gewesen. Doch diese Verurteilung hat uns die Freundschaft gekostet. Dennoch habe ich mich nie abbringen lassen. Meinen Kinderwunsch habe ich noch immer.
Hängt das Bild dieser ehemaligen Freundin in deiner Galerie der Enttäuschung, weil du es von ihr am wenigsten erwartet hättest?
Absolut. Es ging ja noch weiter. Ich hatte noch eine beste Freundin. Irgendwie habe ich meine engsten Freundinnen alle zusammengebracht. Am Ende waren wir sogar eine Viererclique. Es war für mich so spannend zu beobachten, dass ich alle zusammengebracht habe und am Ende diejenige war, die gefühlt ausgegrenzt wurde. Ich glaube, das musste passieren.

Wieder das Thema Ausgrenzung?
Genau. Ich dachte, das kann doch nicht wahr sein. Für mich fühlte es sich so an, als ob sich meine engsten Freundinnen jetzt zusammenschließen und mich immer mehr austauschen. Und es kam noch dicker. Mit meiner beste Freundin hatte ich ein Event gebucht, dass wir gemeinsam besuchen wollten. Darauf habe ich mich total gefreut. Dann gab es ein Zerwürfnis, genau zu dem Zeitpunkt, als die andere Freundin den Kommentar zu meinem Kinderwunsch abgab. Wir brauchten eine Pause und entschieden, nicht gemeinsam zu fahren. Sie kaufte mir meine Karte ab, schließlich würde sie schon irgendjemanden finden, der mitkommt. Das habe ich verstanden. Später sah ich im WhatsApp-Status der Freundin, die das mit der Spirale gesagt hatte, ein Foto. Sie und meine beste Freundin gemeinsam auf dem Event. Für mich ist eine Welt zusammengebrochen. Es war so schlimm für mich. Ich spürte so viel Frustration, Wut, Traurigkeit, alles kam gleichzeitig hoch. Und Unverständnis. Ich fragte mich einerseits, wie sie das machen können und andererseits: Warum konntet ihr mir das nicht vorher sagen?
Du hast dich verraten gefühlt …
Voll.
Klingt fast so, als hätten sie ein gemeinsames ›Feindbild‹ aufgebaut, weil sich die beiden einig waren, dass das, was du vorhast, was du dir erträumst, nicht gut ist in ihren Augen. Eben nicht die klassische Mutter …
Teilweise schon, aber ich glaube, es war jetzt nicht nur die Sache mit meinem Kinderwunsch. Eher das Unverständnis für mein Verhalten. Meine beste Freundin wollte mir immer helfen. Sie wollte mich retten. Ich war aber immer der Typ, der eigene Erfahrungen machen musste. Ich musste selber auf die Fresse fliegen. Mir konnte man zehnmal sagen: »Mach es nicht, Joana!« Ich habe es trotzdem gemacht. Bis ich es halt irgendwann selber erkannt habe. Doch sie konnte irgendwann nicht mehr. Sie war überreizt, weil sie mir so viele Stunden zugehört hat. Gesehen hat, wie viel ich geweint habe, fertig war, Burn-out hatte. Und trotzdem habe ich es nicht so gemacht, wie sie es wollte. Das war der Punkt, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Ich verbinde diese Zeit wieder mit dem Thema Verlust, weil ich mich so alleine gefühlt habe. Dennoch bin ich heute eher dankbar für diese Erfahrungen, weil sie mir gezeigt haben, wo ich noch genauer hinschauen muss. Dort schlummert Heilungspotential. Ich weiß, es war keine Boshaftigkeit und beide Freundinnen wollten mir damit nichts Böses. Eine Wunde bleibt trotzdem. Aber eine Wunde die immer mehr heilt.
»Es ist wie eine Wunde, auf der ein leichter Grind gewachsen ist. Es braucht nur eine unachtsame Berührung und schon fängt sie wieder an zu bluten.«

Du trägst nahe der rechten Armbeuge ein Tattoo: ›I’m enough‹. Erkenntnis oder Beschwörungsformel gegen die inneren Zweifel?
Eine Erinnerung. Mir jeden Tag bewusst zu sein, dass ich genug bin und geliebt werde. Meine Therapeutin hatte in den Zoom-Calls hinter sich ein Plakat hängen, wo draufstand: I’m enough. Das hat mich jedes Mal so getriggert. Ich kriegte die Krise und wünschte es mir weg. Es konfrontierte mich mit meinem Thema: Ich bin nicht gut genug, weil ich immer ausgeschlossen wurde. Immer. Für mich ist es spannend, dass ich aktuell in einer Beziehung lebe, in der mir gerade anfangs auch viele Dinge gesagt wurden, in denen ich nicht ausreiche, in denen ich nicht gut genug bin.
Zum Beispiel?
Weil ich eigentlich zu alt für ihn bin oder auf meine Figur achten soll. Ich glaube, ich werde so lange mit diesem Thema konfrontiert, bis ich endlich in die Heilung gehe. Jetzt ist es an der Zeit. Das ist mir alles absolut bewusst.
Ist das Tattoo dann nicht eher eine Beschwörungsformel, denn die Erkenntnis, tatsächlich genug zu sein, scheint noch nicht zu 100 % in dir verankert zu sein.
Es ist wie eine Wunde, auf der ein leichter Grind gewachsen ist. Es braucht nur eine unachtsame Berührung und schon fängt sie wieder an zu bluten. Es wird aber immer besser. Dennoch merke ich, wie vorsichtig ich damit umgehe, weil ich immer noch denke, da könnte irgendwas passieren. Wenn ich manchmal Anrufe bekomme oder jemand äußert: »Ich will mit dir reden«, ist das Erste, was ich denke: Oh Gott, ich habe irgendwas falsch gemacht. Oder wenn sich mein Partner manchmal einen Tag oder zwei Tage nicht gemeldet hat oder einfach sehr kurz und knackig antwortet. Das triggert mich schon, wobei auch das vor einem Monat noch krasser war als heute. Deswegen glaube ich, er wurde mir geschickt, damit ich echt richtig krass nach Hause gehe.
»Und dann sind wir gegangen. Als Freunde.«
Dezenter Sprung in die Vergangenheit: Zwei Kinder von zwei Männern. Viele Entscheidungen zu treffen. Du bist mit deinem Ex-Partner gemeinsam nach Zypern ausgewandert.
Ja, wir haben uns scheiden lassen, als die Kleine ein Jahr alt war.
Wegen eurer Tochter habt ihr Deutschland dennoch gemeinsam verlassen?

Wir waren bereits jahrelang geschieden und dennoch sehr gut befreundet. Wir haben immer gesagt, wir bleiben beieinander wegen der Kleinen. Er war derjenige, der zu mir gesagt hat: Ich habe keinen Bock mehr. In Deutschland zu leben. Die ganze Corona-Politik zu ertragen und sich einsperren zu lassen. Das war ihm nichts. Auch ich fühlte mich zu diesem Zeitpunkt, als wäre ich gestorben, wie bestraft, weil ich Kinder habe und an diesen Ort gebunden bin, damit auch die Väter ihre Kinder sehen können. Der Wunsch wegzugehen war groß, schien aber wegen der Kinder unmöglich. Also habe ich meinen Ex-Mann gefragt, ob das wirklich sein Ernst ist. Seine Antwort war für mich eine extreme Erleichterung: Endlich auswandern. Und dann sind wir gegangen. Als Freunde.
Warum ist dein Sohn nicht mit?
Weil er sowieso schon länger bei seinem Vater gelebt hat und Noah das auch nicht wollte.
»Allein, mit der Akzeptanz zu sein, kann ich die Welt verändern und das Leben von anderen Menschen bereichern.«
Wir gehen noch ein Stück weiter. Öffne gern mal die Tür zur Galerie der Dankbarkeit. Nimm dir gern einen Augenblick Zeit und schau dich in Ruhe um. Was siehst du? Bei welchem Bild spürst du sofort Wärme im Herzen, tiefe Dankbarkeit?
In mir kommt sofort ein Gefühl hoch. [Schließt die Augen]. Ein Bild. Als du eben davon gesprochen hast, kam mein Vater. Er hat mir einfach diese Ruhe geschenkt und Liebe. Mein Vater war für mich dieses Sinnbild von Liebe im Überfluss. Egal, was du machst, Joana, du bist geliebt. Auch wenn er nicht immer für mich da war, bei Weitem nicht. Ich weiß noch, wie oft ich am Fenster saß, heulend, weil mein Vater nicht da war, nicht gekommen ist, wie es vereinbart war. Aber trotz alledem bin ich sehr, sehr dankbar dafür, dass er mein Vater war und ich sein kleines Mädchen sein durfte. Das werde ich gefühlt auch immer sein. Auch wenn er nicht mehr da ist. Für dieses Gefühl bin ich sehr, sehr dankbar.
Kannst du noch mehr sehen?
Ich bin auch dankbar, dass ich so früh mit der Persönlichkeitsentwicklung in Verbindung gekommen bin. Bereits mit 18 Jahren habe ich mich selbstständig gemacht, nachdem ich die Schule geschmissen habe. Dadurch konnte ich sehr viel lernen, auch mit herausfordernden Situationen besser umzugehen. Persönlichkeitsentwicklung hat mich sehr vorangebracht. Und ich bin auch dankbar für meine Herkunft. Die Abstammung von dieser Lebensfreude und der absoluten Liebe. Das ist für mich der Grund, warum ich auf der Welt bin. Weil ich weiß, dass ich alleine mit meiner Energie, ohne dass ich den Mund öffne, die Energie anheben kann. Das ist meine Aufgabe hier auf der Welt. Mein Footprint. Mit meinem Sein, das Energielevel anzuheben und mehr Liebe in die Welt zu bringen. Wenn ich endlich bereit bin, diese Liebe selbst zuzulassen, mich immer mehr öffne, habe ich dieser Welt noch so viel mehr zu geben. Ich weiß, dass Liebe meine Superpower ist.
Manchmal stehe ich auf und bin nicht gut gelaunt. Dann schaue ich mir einfach ein Video von dir an und gönne mir etwas ›Joana-Energie‹.
So schön. Genau das ist meine Aufgabe. Das ist das, was ich verstehen musste. Ich muss nichts leisten, um geliebt zu werden oder etwas zu geben. Allein, mit der Akzeptanz zu sein, kann ich die Welt verändern und das Leben von anderen Menschen bereichern. Das ist für mich eine ganz krasse Erkenntnis gewesen. Aber auch diese Dankbarkeit zu haben, das kommt nochmal hoch, jetzt in diesem Zeitalter zu leben. Also nicht in Kriegszeiten, wo es nichts zu essen gibt. Dass ich Zugang zu allem habe. Dankbarkeit für die alltäglichen Dinge. Dass ich mir was zu essen kochen kann. Oder dass ich was zu trinken habe. Zugang zu Kleidung habe. Das klingt so lapidar. Aber wir sehen ja immer wieder, was auf der Welt passieren kann. Sich bewusst zu machen: Wow, dafür bin ich wirklich dankbar!
Diesen Gedanken täglich ins eigene System zu integrieren …
Absolut. In der Zufriedenheit zu sein.
»Eine Frau mit Vorbildcharakter zu sein. Ein Leuchtturm für andere Menschen.«

Gibt es irgendein Gefühl, das gerade sehr präsent ist. Mit dem du etwas verbindest, was du gern teilen möchtest? Ganz egal was.
[Überlegt und schmunzelt.] In meinem Kopf ist gerade Error. Fehler. Ich habe leider keine Antwort auf diese Frage. Es ist voll spannend. Dennoch kommt etwas hoch, was ich mit der Welt teilen möchte. Das bemerke ich bei mir immer und immer wieder. Thema: Selbsterlaubnis. Klar, zu kommunizieren und mir selbst einzugestehen, mir zu erlauben, was ich tue. Es ist sowohl bei mir ein großes Thema als auch bei meinen Kunden. Sie erlauben es sich selbst nicht, in die Fülle zu kommen. Sie erlauben es sich selbst nicht, erfolgreich zu sein. Oder eine tolle Partnerschaft zu haben. Einfach zu sagen: Okay, ich erlaube es mir. Stattdessen limitieren sie sich selbst.
Und halten sich damit selber klein.
Total. Aber die Schuld geben sie regelmäßig den äußeren Umständen oder anderen Personen. Obwohl das Thema bei ihnen selber liegt. Ich hatte gerade vorhin so eine Situation im Verkaufscall. Hinterlegt war die Bemerkung: Kundin entscheidet alleine. Als es dann aber tatsächlich darum ging, eine Entscheidung zu treffen, wollte sie zunächst mit ihrem Freund darüber sprechen. Ich fragte: »Warum? Du kannst alleine entscheiden.« Die Kundin stimmte grundsätzlich zu und betonte, ja auch alleine entscheiden zu können. Aber ihr Freund will das irgendwie trotzdem gerne wissen. Anstatt einfach für sich loszugehen und zu sagen, ich entscheide das jetzt, zog sie sich quasi zur Beratung zurück. Und ja, ich verstehe es, wenn es eine Grundsatzsache ist, dass man Dinge gemeinsam entscheidet, okay. Aber wenn man eigentlich für sich losgehen will, fehlt es in letzter Konsequenz doch an der Selbsterlaubnis. Damit machen wir uns dann kleiner. Ich finde das sehr schade.
Hast du schon mal jemanden getroffen, der nur noch die Business-Anleitung braucht, weil er sich die Selbsterlaubnis bereits gegeben hat?
Ich habe schon sehr überzeugte Leute gesehen. Die wussten, dass sie es verdient haben. Da fehlte es oft an anderen Dingen. Häufig war da viel Gequatsche und wenig Wahrhaftigkeit hinter dem Vorhaben.
Jeder verkauft heute Authentizität.
Oh ja.
Geiles Wort, ’ne?
Ja, ich liebe es.

Aber wer kann sie im Social Media wirklich wahrhaftig leisten? Wenn du heute in den Spiegel schaust: Wer ist Joana Garcia wirklich?
Oh, wow! Spannend. Was in mir hochkommt, ist das kleine Mädchen. Ein ganz großer Teil ist dieses kleine Mädchen, das ich mir nie erlaubt habe zu sein. Ich wollte immer schnell die Erwachsenen sein. Deswegen ist es jetzt das Mädchen, das verspielt ist und einfach ganz viel Freude hat an den kleinsten Dingen, an Schmetterlingen, an bunten Blumen. Einfach absolut in der Freude zu sein. Gleichzeitig aber auch eine Frau, die unglaublich viel zu schenken hat. Die ein Vorbildcharakter ist. Ein Leuchtturm für andere Menschen. Und gleichzeitig eine Frau, die mittlerweile gelernt hat, ihre Grenzen zu setzen und für sich selber einzustehen. Eine Frau, die absolut emotional ist. Die super schnell weint, weil die Emotionen sie überrollen. Eine humorvolle Frau. Und eine Frau, die gerade auf dem Weg ist aus dem Mangel in die absolute Fülle.
Auf ein Wort …
Ich danke dir liebe Joana von Herzen, dass du uns einen Einblick in deine Gefühlswelt gewährt hast. Jeder Mensch hat Geschichten zu erzählen. Nicht nur selbstständige Frauen oder jemand mit einem krassen Schicksalsschlag. Jeder Mensch trägt alle Gefühle in sich. Es sind weitaus mehr als die präsenten Vertreter, wie Angst, Scham, Glück und Freude. Hast du dich schon einmal gefragt, welches Ereignis du mit Selbstzweifeln, Ehrgeiz, Neid, Rivalität, Skepsis, Sehnsucht und Ohnmacht verbindest? Der Gang ist endlos lang. Ich möchte diese Türen mit dir öffnen. Deine Geschichte erzählen. Trau dich! Auch wenn es erstmal nur ein Impuls ist und dein Kopf gar nicht begreift, warum das so ist. Vielleicht bist du genau der Mensch, der die Welt durch das verbessert, was du zu erzählen hast. Wenn du mein Warum nachempfinden kannst und dich eingeladen fühlst, deine Galerie zu öffnen, deine Geschichte zu teilen, melde dich einfach bei mir (kontakt@anja-jahnke.com). Du bist herzlich willkommen! Und wenn du tiefer in mein Warum einsteigen möchtest, dann lies: »Meine Vision: Es ist an der Zeit, andere Menschen sichtbar zu machen.«